Eine Demokratie, in der Frauen strukturell benachteiligt sind, sei es durch ungleiche Bezahlung, eingeschränkte Karrierechancen oder unfaire Verantwortung für Sorgearbeit, bleibt nur formal demokratisch, aber nicht in der Tiefe verwirklicht.
Eine Demokratie lebt von gleicher Teilhabe und Chancengerechtigkeit für alle. Sie ist mehr als ein politisches System. Sie ist ein Gesellschaftsversprechen, das allen Bürgerinnen und Bürgern gleiche Rechte, Pflichten und Teilhabe garantiert. Eine Demokratie, in der Frauen strukturell benachteiligt sind, sei es durch ungleiche Bezahlung, eingeschränkte Karrierechancen oder unfaire Verantwortung für Sorgearbeit, bleibt nur formal demokratisch, aber nicht in der Tiefe verwirklicht. Demokratie endet nicht an der Wahlurne, sie wirkt in Bildung, Familie, Gesellschaft und insbesondere in der Arbeitswelt weiter.
Gleichstellung ist kein „Zusatz" oder „Begleitmaßnahme", sondern ein zentraler Baustein demokratischer Gesellschaften. Fehlt sie, verliert Demokratie Substanz und Glaubwürdigkeit. Vielfalt in Entscheidungen führt zu besseren Ergebnissen, faire Chancen stärken das Vertrauen in Institutionen, und Anerkennung, unabhängig vom Geschlecht, fördert Zusammenhalt.
Die faktische Gleichstellung von Frauen und Männern in Bildung, Arbeitsmarkt und Wirtschaft ist kein Nice-to-have, sondern eine Basisvoraussetzung demokratischer Teilhabe. Sie erinnert daran, dass der Satz „Koste es, was es wolle“ in Bezug auf Gleichstellung ernst gemeint sein muss, aber stets begleitet von wirkungsorientierter Entwicklung und fundierter Folgenabschätzung.
Viele strukturelle Hindernisse wie Teilzeitarbeit, die hohe Verantwortung in unbezahlter Sorgearbeit oder fehlende Arbeitszeitmodelle für beide Geschlechter müssen im Fokus stehen. Teilzeitarbeit in ihrer heutigen Form, etwa befristete Minijobs, kann eine Falle sein kann, die Frauen langfristig benachteiligt. Dabei hätte Teilzeit selbst, so wie ursprünglich gefordert, auch Männern ermöglichen sollen, Beruf und Familie zu vereinbaren und Karrierechancen zu erhalten.
Die Corona-Pandemie hat bestehende Ungleichheiten verschärft. 50% der Fördermittel des Arbeitsmarktservices sollten daher gezielt für Frauen eingesetzt werden, begleitet von einer genderwirksamen Evaluierung.
Erst wenn Frauen und Männern gleiche Rechte und Möglichkeiten in allen Lebensbereichen zugestanden werden, kann Demokratie ihr Versprechen von Freiheit, Gerechtigkeit und Chancengleichheit auch wirklich einlösen.
Manuela Vollmann ist CEO, Sozialunternehmerin, Gründerin und Feministin. Als Vorstandsvorsitzende und Geschäftsführerin von ABZ*AUSTRIA gestaltet sie seit über 30 Jahren die Arbeitswelt innovativ und gleichstellungsorientiert. Sie gilt als Expertin für Social Entrepreneurship, Diversity Management und Digitalisierung, mit dem Fokus auf faire Chancen und inklusive Strukturen. Zudem ist sie Vorstandsvorsitzende von arbeit plus – Soziale Unternehmen Österreich und vertritt diese Organisation im European Network for Social Integration Enterprises (ENSIE). Ihr Ansatz verbindet wirtschaftliche Innovation mit feministischer Vision für eine gerechtere und zukunftsfähige Wirtschaft.